Jürgen Bartsch
Jürgen Bartsch brachte im Zeitraum von März 1962 bis Mai 1966 in Velbert vier Kinder um. Die Taten erregten große mediale Aufmerksamkeit. Er wurde bekannt als “Der Kirmesmörder von Velbert”. Während der Gerichtsprozesse und der psychologischen Begutachtung kamen Einzelheiten aus der Kindheit des Täters ans Licht, mit denen für damalige Verhältnisse bis dahin Unaussprechliches berichtet wurde.
Jürgen Bartsch war einer der wenigen Serientäter, die in der Lage waren, das eigene Seelenleben zu reflektieren und detailliert wiederzugeben. In der Haft unterhielt er einen intensiven Briefwechsel mit dem Journalisten Paul Moor, der diese Korrespondenz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.
Jürgen Bartsch wollte sich sein Leben lang von seinen Zwängen und anormalen Phantasien heilen lassen. Er wollte sich deshalb im Jahr 1976 kastrieren lassen. Am 28. April 1976 verstarb Jürgen Bartsch bei der Operation an einem ärztlichen Kunstfehler.
Das Stück und sein Hintergrund
Oliver Reese, Intendant am Berliner Ensemble, hat den Briefwechsel mit Paul Moor und Gutachter-Mitschnitte mit dem Stück „Bartsch, Kindermörder“ (Rechte: Rowohlt) ausgewertet und ein Portrait des Menschen Jürgen Bartsch geschaffen. Es besteht überwiegend aus Texten von Jürgen Bartsch. Das Stück stellt keineswegs eine Täter-Opfer-Umkehr dar. Es ist aber auch eine Skizze der Nachkriegsgesellschaft. Während der Kriegszeit oft jahrelang im Überlebensmodus gefangen, konnten viele Menschen der Kriegsgeneration später keinen Zugang mehr zu ihren Emotionen finden.
„Bartsch, Kindermörder“ beschreibt das Aufwachsen in einem Umfeld, in dem selbst das Leid eines Kindes durch sexuellen Missbrauch und Gewalt niemanden rührt. Es beschreibt, wie sich die Ohnmacht dieses Kindes in krankhafte Macht- und Gewaltphantasien verwandelt, die in der Tragödie enden.
Sowohl zu Lebzeiten des Jürgen Bartsch als auch noch bei Abfassung des Stücks im Jahr 1992 galt Homosexualität in Deutschland als ein Straftatbestand. Bis 1970 galt Homosexualität in Deutschland als psychische Erkrankung. Die Strafbarkeit fiel erst im Jahr 1994 weg. Dies im
Sinn zu behalten, ist zum Verständnis des Stücks wichtig.
Die Geschichte von Jürgen Bartsch hat einen starken lokalen Bezug zu meiner neuen Heimat im Landkreis Mettmann. Die Lebensbeichte des Jürgen Bartsch macht die Vielschichtigkeit und Tragik dieser Biographie bewusst. Wenn wir davon überzeugt sind, dass die Würde des Menschen unantastbar ist, lassen wir das dann auch für Menschen gelten, die andere dieser Würde beraubt haben? War Jürgen Bartsch eine Bestie, ein Ungeheuer, oder nur schlicht ein Mensch?
Das Stück wird für Menschen ab 16 Jahren empfohlen.
Nach verschiedenen wissenschaftlichen Studien, bejahten 4 bis 10 Prozent aller Befragten, schon einmal pädophile Fantasien gehabt zu haben. Es wird davon ausgegangen, dass über 30 Prozent von pädophilen Übergriffe betroffen sind oder waren. Das Dunkelfeld ist bei dieser Straftat sehr hoch.
So wichtig es ist, Opfern sexualisierter Gewalt zu helfen, so wichtig ist vor allem die Prävention. Jede verhinderte Straftat schützt ein Kind. Die Charité Berlin betreibt hierzu Deutschlandweit Institutsambulanzen - auch in Düsseldorf.
Mindestens drei der Opfer des Jürgen Bartsch könnten heute noch leben, wenn es damals Hilfe gegeben hätte, wie es sie heute gibt. Er hatte Hilfe gesucht, doch es gab keine.
Kein-taeter-werden.de ist ein Projekt der Kinderschutzstiftung Hänsel und Gretel sowie der Charité Berlin.
“Kein Täter werden” verhindert Täter und schützt Kinder.
Der beste Schutz für Kinder sind Präventionsmaßnahmen, um Gewalt und Missbrauch an ihnen zu verhindern. Genau da setzt das Projekt „Kein Täter werden“ an, indem es Menschen mit einer sexuellen Neigung zu Kindern eine anonyme Behandlung bietet. Denn
Pädophilie ist schambehaftet und geht mit einem großen Leidensdruck einher.
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